Dieser Text wurde in einer Kursarbeit im Leistungskurs Sozialkunde am 14.11.2022 geschrieben. Die Aufgabenstellung war "Diskutieren Sie ausgehend von M1 und M2 die Frage: Erleben wir in der internationalen Ordnung eine Zeitenwende?".
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Nach dem Ende des Kalten Krieges wähnte man sich im Westen in Sicherheit und man war von der eigenen absoluten Überlegenheit überzeugt, teilweise natürlich auch zu Recht. Der Ostblock war gefallen und es kehrte überall Marktwirtschaft und Demokratie ein. Man war sich sicher, dass sich dieser Siegeszug westlicher Ideale im Rest der Welt bald fortsetzen würde, und dass die Welt in einigen Jahrzehnten eine Gemeinschaft aus friedlichen und freiheitlichen Gesellschaften sein würde. Und tatsächlich, zunächst sah es danach aus, als sei der jahrzehntelange Konflikt mit Russland überwunden: Die Beziehungen verbesserten sich ab Anfang der 90er stetig. Mit Putins Machtübernahme änderte sich das dann irgendwann aber wieder. Plötzlich wurde Russland wieder nationalistischer, antidemokratischer und antiwestlicher. Das änderte aber nichts am Optimismus im Westen: Handelsbeziehungen wurden immer weiter ausgebaut und man betrachtete Russland weiterhin als Partner. Entweder wollte man Putins Intentionen nicht erkennen oder man wurde tatsächlich getäuscht. Dieser Entwicklung taten auch Vorfälle wie 2008 in Georgien und 2014 auf der Krim und in der Ostukraine keinen Abbruch. Bis zum 24. Februar 2022, als Russland die Ukraine offen und großflächig angriff. Die Entwicklung, die sich seit Jahren anbahnte, die aber keiner wahrhaben wollte, traf westliche Politiker wie eine Faust ins Gesicht: Russland unter Putin ist kein Partner und seine Ziele und Werte sind mit denen unseres Bündnisses liberaler Demokratien in keinster Weise vereinbar. Der Beginn des Krieges war insofern also auf jeden Fall eine Zeitenwende, als dass schlagartig all das gemacht wurde, was eigentlich von Anfang an hätte passieren müssen: Abhängigkeit von Russland reduzieren, selbstbewusster auftreten, etc. Doch nicht nur das ändert sich gerade aktuell. Mit diesen Entwicklungen einher geht eine grundlegende Neuordnung der internationalen Machtverhältnisse. Russland und China, die beiden “Hauptgegner” des Westens, bemühen sich wo sie nur können, neue Allianzen aus Autokraten und den USA feindlich gesinnter Staaten zu schmieden. Eine solche Organisation ist zum Beispiel die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, in der neben China und Russland noch weitere Staaten aus Zentral- und Südasien sind. Während es erschreckend klingen mag, dass sich die Feinde der Freiheit zusammenschließen, muss man aber bedenken, dass sie noch lange nicht an einem Punkt angekommen sind, an dem eine Organisation bzw. Ein Bündnis existiert, das äquivalent zur NATO ist. In der Regel geht es um den Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen und gelegentlich werden rudimentär gemeinsame Sicherheitsinteressen festgehalten. Wie effektiv sowas ist, ist angesichts der Tatsache, dass viele dieser angeblichen “Partner” untereinander teilweise aktive bewaffnete Konflikte haben, wie zum Beispiel Indien und Pakistan, mehr als fraglich. Und selbst zwischen dein “eisernen Verbündeten” China und Russland gibt es Differenzen, wie die Situation in der Ukraine und Chinas Reaktion darauf zeigen.
Zusammenfassend befinden wir uns meiner Meinung nach auf jeden Fall in einer Zeitenwende. Zum einen weil der Westen, was Russland und China angeht, endlich aus seinem Dornröschenschlaf aufwacht und seine Politik diesbezüglich ändert, und zum anderen weil sich gleichzeitig die Machtverhältnisse in der weltpolitischen Landschaft neu ordnen, auch wenn China und Russland noch einen sehr weiten Weg gehen müssen, um die USA als dominierende Supermacht abzulösen.